PM vom 16.10.2018 (zebra und Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus – Flensburg)
Ausstellung erinnert an die Opfer des NSU
Schon vor der Eröffnung wurde eine Ausstellungstafel beschädigt
Seit dem 2. Oktober wird im Flensburger Rathaus die Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ gezeigt. Auf 24 Schautafeln werden die Biografien der Todesopfer thematisiert und das Netzwerk des NSU beleuchtet. Die Wanderausstellung wurde seit 2013 bereits an über 170 Orten bundesweit gezeigt. Nach Flensburg holten sie das Regionale Beratungsteam gegen Rechtsextremismus der AWO und zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe.
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Schon vor der Eröffnung der Ausstellung wurde eine der Schautafeln beschmiert. Die rechtsmotivierte Botschaft wurde zunächst durch einen Zettel mit der Aufschrift „Kein Platz für Rassismus“ überdeckt. Gestern konnte die beschädigte Tafel schließlich durch einen Nachdruck ersetzt werden, wodurch jedoch zusätzliche Kosten für die Organisator_innen entstanden sind.
Von Kai Stoltmann, Berater bei zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe, wird die Situation folgendermaßen beschrieben: „Auch in Schleswig-Holstein kommt es immer wieder zu rechten und rassistischen Gewalttaten. Es ist wichtig, dass die Gesellschaft die Opfer solcher Taten nicht allein lässt und Mitgefühl mit den Hinterbliebenen zeigt. Die Ausstellung stellt einen wichtigen Beitrag zur Erinnerung an die Opfer des NSU dar.“
Die Ausstellung kann noch bis zum 24.10.2018 Montag bis Freitag von 8:30h-17:00h in der Bürgerhalle des Rathauses in Flensburg besucht werden. Parallel startet am 18.10.2018 in der UCI-Kinowelt in Flensburg die Film- und Gesprächsreihe „Wir müssen reden…! Über Rassismus!“. Ein Zusammenschluss von Aktiven aus der Flüchtlingshilfe, den Mitarbeiter_innen des Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und engagierten Akteur_innen der Zivilgesellschaft möchten im Rahmen der „Interkulturellen Wochen“ zu einer (selbst-)kritischen Auseinandersetzung mit Rassismus und ihr vielfältiges Miteinander leben.
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PM des VBRG vom 9.7.2018
„Das Ende des Prozesses gegen Beate Zschäpe und ihre Mitangeklagten darf nicht das Ende der Aufklärung im NSU-Komplex bedeuten.“
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„Ich weiß trotz des Gerichtsverfahrens immer noch nicht, warum mein Bruder ausgewählt worden ist“, kritisiert der Bruder des am 15. Juni 2005 in München vom NSU ermordeten Theodoros Boulgarides anlässlich des Prozessendes am 11. Juli 2018 vor der 1. Straf-kammer am OLG München gegen Beate Zschäpe und fünf Mitangeklagte.
„Das Netzwerk von Blood & Honour, das ab Januar 1998 durch Geld, Ausweise und Wohnungsanmietungen das NSU-Kerntrio unterstützte, stellt heute selbstbewusster denn je die RechtsRock- und FreeFight Großevents und die Geldmaschine für die nächste Generation potenzieller NSU-Nachahmungstäter*innen bereit.“
„Das Ende des Prozesses gegen Beate Zschäpe und ihre Mitangeklagten darf nicht das Ende der Aufklärung im NSU-Komplex bedeuten“, betonen die unabhängigen Beratungsstellen für Betroffene rechter und rassistischer Gewalt, die u.a. Hinterbliebene der rassistischen NSU-Mordserie und Überlebende der rassistischen Anschläge des NSU unterstützen und begleiten.
„Ich weiß trotz des Gerichtsverfahrens immer noch nicht, warum mein Bruder ausgewählt worden ist“, kritisiert der Bruder von Theodoros Boulgarides anlässlich des Prozessendes am 11. Juli 2018 vor der 1. Strafkammer am OLG München gegen Beate Zschäpe und fünf Mitangeklagte. Der zweifache Familienvater und Inhaber eines Schlüsseldienstes im Münchener Westend wurde am 15. Juni 2005 in seinem Laden vom NSU ermordet. Vor ihm waren schon die Gewerbetreibenden türkischer und kurdischer Herkunft Enver Şimşek (38) im September 2000 in Nürnberg, Abdurrahim Özüdoğru (49) und Süleyman Taşköprü (31) im Juni 2001 in Nürnberg und Hamburg, Habil Kılıç (38) im August 2001 in München, Mehmet Turgut (25) im Februar 2004 in Rostock und İsmail Yaşar (50) am 9. Juni 2005 in Nürnberg der rassistischen Mordserie des NSU zum Opfer gefallen. „Hätten die Behörden die Stimmen der Hinterbliebenen und Betroffenen ernst genommen, nämlich dass die Täter aus der rechten Ecke kommen, wäre mein Bruder nicht ermordet worden“, betont sein Bruder. Nach Theodoros Boulgarides ermordete das NSU-Netzwerk den Kioskbesitzer und dreifachen Familienvater Mehmet Kubaşık (39) in Dortmund, den 21-jährigen Halit Yozgat im Internet-Café seiner Familie in Kassel und die Polizistin Michèle Kiesewetter (22) in Heilbronn.
„Überall, wo ich hingehe, spaziere, herumlaufe, bin ich immer noch in Furcht. Denn solange auch die weiteren Täter nicht gefasst und der Justiz übergeben worden sind, werden meine Ängste weiterbestehen. Solange der Staat ihnen Toleranz entgegenbringt, werden sie ungestört tun und lassen, was sie wollen,“ betont Arif .S., einer der Überlebenden des verheerenden, rassistischen Nagelbombenanschlags des NSU-Netzwerks in der Kölner Keupstraße im Juni 2004. „Für mich sind alle, die in ihren Organisationsstrukturen sind, schuldig und sollten bestraft werden.“
„Dass es sich beim NSU um ein Netzwerk mörderischer Rassisten handelt und nicht um ein isoliertes ‚Trio’ mit wenigen Helfern ist spätestens seit dem ersten Bundestagsuntersuchungsausschuss bekannt und wurde auch im Prozess am OLG München sehr deutlich“, betont auch Anja Spiegler von der Münchener Opferberatungsstelle BEFORE.
Im Prozessverlauf sei auch die Bedeutung der Unterstützung aus Neonazi-Strukturen deutlich geworden: „Das Netzwerk von Blood&Honour, das ab Januar 1998 durch Geld, Ausweise und Wohnungsanmietungen das NSU-Kerntrio unterstützte, stellt heute selbstbewusster denn je die RechtsRock- und FreeFight Großevents und die Geldmaschine für die nächste Generation potenzieller NSU-Nachahmungstäter*innen bereit,“ warnt Franz Zobel vom Vorstand des VBRG e.V. „Wenn dann wie aktuell in Fall eines symbolischen Lynchmords an einer schwarzen Kinderpuppe im Vorfeld eines Neonazi-Events in Schwarzenberg in der NSU-Kernregion Erzbirge (Sachsen) von Neonazis offen Aktionen des NSU-Kerntrios re-inszeniert werden und die Strafverfolgungsbehörden diese Botschaft komplett ignorieren, wird deutlich, dass die notwendigen Lehren aus der staatlichen Verantwortung im NSU-Komplex ganz offensichtlich nicht gezogen wurden.“ Umso notwendiger seien “ sichtbare Solidarität mit Überlebenden und Betroffenen rechten und rassistischen Terrors“ sowie eine „kontinuierliche und ernsthafte Auseinandersetzung mit institutionellem Rassismus bei den Strafverfolgungsbehörden.“
Der Verband der unabhängigen Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.) unterstützt deshalb die Mobilisierung zum sogenannten Tag X, mit der zur Urteilsverkündung am Dienstag, den 11. Juli 2018 und in den Tagen danach in München sowie in zahlreichen weiteren Städten die Forderungen der Angehörigen und Überlebenden nach einer umfassenden Aufklärung im NSU-Komplex an die Öffentlichkeit getragen werden. (https://nsuprozess.net/)
Die vollständige Pressemitteilung unseres Dachverbandes finden sie hier als >>> DOWNLOAD.
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PM des VBRG vom 3.4.2018
1.185 rechte, rassistische und antisemitische Angriffe in Ostdeutschland, Berlin und Schleswig-Holstein im Jahr 2017
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+++Angriffszahlen immer noch auf hohem Niveau+++
+++Rassismus häufigstes Tatmotiv+++
+++1.185 (1.747 im Vorjahr) Fälle politisch rechts motivierter Gewalt in Ostdeutschland, Berlin und Schleswig-Holstein+++
Die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt dokumentieren für das Jahr 2017 weiterhin ein erschreckend hohes Niveau von rechtsmotivierten Gewalttaten. In den ostdeutschen Bundesländern, Berlin und Schleswig-Holstein wurden 1.185 Angriffe registriert, , das heißt statistisch gesehen gab es jeden Tag mindestens drei Angriffe. Trotz eines Rückgangs im Vergleich zum Vorjahr gab es im Jahr 2017 deutlich mehr Angriffe als in den Jahren 2003 – 2014. In den sieben Bundesländern wurden im vergangenen Jahr mindestens 1.740 Personen verletzt oder massiv bedroht. Fast 150 der Betroffenen waren Kinder unter 14 Jahren.
Der überwiegende Anteil der Angriffe war mit fast 70 % (814) rassistisch motiviert. Damit ist Rassismus weiterhin das häufigste Tatmotiv von rechten Gewalttätern. Die Angriffe richten sich zu einem großen Teil gegen (vermeintliche) Geflüchtete. Ebenfalls das Ziel von Attacken sind des weiteren (vermeintliche) Muslim*innen sowie Jüdinnen und Juden. Auch politische Gegner*innen von Menschen mit rechten Ansichten wurden in 178 Fällen zu den Betroffenen von Angriffen.
Den größten Anteil an den registrierten Straftaten bilden mit 957 Vorfällen erneut Körperverletzungsdelikte. Bei knapp der Hälfte (453 Fällen) handelt es sich um gefährliche Körperverletzungen. Diese zeichnen sich durch den Einsatz von Waffen, gemeinschaftlich begangene Attacken oder das Leben gefährdende Handlungen aus. Weiterhin wurden 496 einfache Körperverletzungen begangen. Des weiteren gab es 8 schwere Körperverletzungen bzw. versuchte Tötungen.
Massive Bedrohungen bzw. Nötigungen, die die Betroffenen in ihrer Lebensführung stark einschränkten, machten 163 der aufgenommenen Fälle aus. Darüber hinaus wurden von rechten Tätern und Täterinnen 24 Brandstiftungen begangen. Zu diesen kommen außerdem 23 massive Sachbeschädigungen. Diese richten sich beispielsweise gegen Wohn- und Geschäftsräume und haben damit einen schwerwiegenden Einfluss auf die finanzielle Unabhängigkeit sowie das Sicherheitsgefühl von Betroffenen.
Die vollständige Pressemitteilung unseres Dachverbandes finden Sie auf der Homepage des VBRG.
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PM vom 29.3.2018
Rechte und rassistische Angriffe in Schleswig-Holstein
zebra stellt Ergebnisse des landesweiten Monitorings für 2017 vor
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Seit Beginn des Jahres 2017 wird von zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe erstmals ein systematisches und unabhängiges Monitoring durchgeführt. Die daraus resultierende Statistik berücksichtigt Körperverletzungen, Tötungsdelikte, Brandstiftungen, massive Sachbeschädigungen sowie andere Gewalttaten mit erheblichen Folgen für die Betroffenen.
Von der Beratungsstelle wurden im vergangenen Jahr 62 Vorfälle registriert, von denen mindestens 73 Personen direkt und weitere 10 indirekt betroffen waren. Dabei stellen (teil gefährliche) Körperverletzungen mit 74 % den Großteil der Tatbestände, gefolgt von 15 Fällen von massiver Sachbeschädigung . Zum Ziel der Angriffe wurden am häufigsten von Rassismus Betroffene (50) und politische Gegner_innen (28). Regionale Schwerpunkte waren die Kreise Steinburg und Pinneberg sowie die Stadt Lübeck.
Die Mitarbeiter_innen von zebra werten diese Zahlen als Beleg für eine Kontiuität der flüchtlingsbezogenen Angriffe, die seit dem Sommer 2015 deutlich zugenommen haben . Lars-Arne Raffel, Projektleiter bei zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe, sagt dazu: „In den Beratungen schildern uns Betroffene immer wieder einen schleichenden Übergang von niedrigschwelligem Alltagsrassismus zu Angriffen in Form von Körperverletzungen und Sachbeschädigungen.“
Beispielhaft für diese Darstellung ist die Stadt Lübeck, wo zivilgesellschaftliche Akteure schon seit längerem unter Druck stehen. Dort spiegeln die relativ hohen Zahlen das ganze Spektrum rechter Angriffe wieder. Sie richten sich etwa gegen Lokalpolitiker_innen, Geflüchtete und Migrant_innen, Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit oder Akteure, die sich offen für Demokratie und Menschenrechte engagieren. Nach dem ersten Jahr des Monitorings zeigen sich in der Statistik von zebra jedoch auch weiße Flecken. Diese hängen vermutlich mit dem großen Dunkelfeld zusammen, das bei der Bewertung der vorgelegten Zahlen berücksichtigt werden sollte.
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Die gesamte Pressemappe gibt es hier zum >> Download
PM des VBRG vom 26.02.2018
Opferberatungen kritisieren die geplante Beschneidung der Opferrechte: Pressemitteilung vom 26.02.2018 des VBRG e.V.
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Politik und Justiz müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber Betroffenen gerecht werden
„Wir zweifeln an der Justiz, an Gerechtigkeit und Gleichheit, an der Demokratie eines Staates, der sich nicht um uns kümmert.“, so ein Überlebender des Nagelbombenanschlags auf die Keupstraße/Köln am 9. Juni 2004, bei den Abschlussplädoyers des NSU-Prozesses vor dem Oberlandesgericht München am 27.11.2017
Unter dem Punkt „Ein handlungsfähiger und starker Staat für eine freie Gesellschaft“ handelt der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vom „ermöglichen […] gebündelte[r] Vertretung der Interessen von Nebenklägern“. Hinter dem harmlos pragmatisch klingenden Satz verbirgt sich ein eklatanter Eingriff in die Opferrechte im Rahmen des Strafrechts. Denn die Strafprozessordnung (StPO) soll dahingehend geändert werden, dass die Zahl der Nebenklagevertretungen bei umfangreichen Strafverfahren begrenzt wird. Das steht im direkten Widerspruch zum erst im Jahr 2015 verabschiedeten 3. Opferrechtsreformgesetz. Durch dieses wurden die im Strafrecht bisher vernachlässigten Opferrechte eindeutig gestärkt.
Auch die aktuelle Debatte um die Rechte der Überlebenden und Hinterbliebenen des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz beruft sich auf die Notwendigkeit der Stärkung der Betroffenenperspektive in rechtlichen Zusammenhängen. Vor diesen Hintergründen ist es umso weniger nachvollziehbar, dass aus der Politik die Forderung kommt, die Opferrechte im Strafprozess durch Einschränkungen der Nebenklage schwerwiegend zu beschneiden.
Bereits im September 2017 sprach sich der Deutsche Richterbund auf dem bundesweiten Strafkammertag für eine Limitierung der Nebenklagevertretungen aus. Auch der derzeitige Justizminister Heiko Maas plante bereits jüngst eine Änderung der Strafprozessordnung, um Prozesse zu verkürzen. Dabei wird immer wieder auch auf den NSU-Prozess mit seinen 95 Nebenkläger*innen welche 60 anwaltliche Vertretungen haben, verwiesen.
Gerade der Verweis auf die Nebenklagevertretungen im NSU-Prozess verwundert. Eine Einschränkung hätte zur Folge, dass exakt die Angehörigen der Mordopfer und die Überlebenden der Anschläge in ihren Opferrechten massiv eingeschränkt würden, die zuvor über Jahre hinweg von Ermittlungsbehörden beschattet und als Tatverdächtige geführt wurden. Dabei zeigt insbesondere der NSU-Prozess wie wichtig die Option einer individualisierten Möglichkeit auf eine Nebenklagevertretung ist.
Dazu Julian Muckel von der Opferberatung Rheinland: „Wir sind fassungslos, dass dieser Vorstoß mit dem NSU-Prozess begründet wird. Die Aufarbeitung der NSU-Taten hat uns doch gerade gelehrt, dass die Betroffenenperspektive eine grundlegende Rolle spielt. So waren es die Angehörigen von Halit Yozgat und Mehmet Kubaşık, die das rassistische Motiv lange vor den Behörden erkannten. Sie organisierten bereits kurz nach der Tat unter dem Motto „Kein 10. Opfer!“ Trauerzüge.“
Hintergrund
Die Nebenklage ist ein grundlegendes Recht für Betroffene von Gewaltstraftaten. Durch die Nebenklage werden Opferrechte gesetzlich verankert. Zudem wird der Schutz der Betroffenen durch eine adäquate Reaktion auf strategische Prozessanträge der Verteidigung sichergestellt. Darüber hinaus ermöglicht die Nebenklage die aktive Einwirkung Betroffener auf einen Strafprozess.
Aus Sicht der Opferberatungsstellen ist es undenkbar, die Interessen sämtlicher Betroffener und Angehöriger auf eine oder wenige anwaltliche Vertretungen zu reduzieren. Schließlich geht es hier um verschiedene Menschen, mit mannigfaltigen Interessen, die Betroffene bzw. Hinterbliebene unterschiedlicher Anschläge sind. Insbesondere dies spricht gegen eine zwanghafte Einschränkung. Gleichzeitig haben die Nebenklagevertreter*innen durch Befragungen oder Beweismittelanträge wichtige Aspekte zur schwierigen Beweisführung beigetragen. Hingegen waren es Befangenheitsanträge und Unterbrechungen seitens der Verteidigungen der Angeklagten, welche viel Zeit in Anspruch nahmen und die Kosten des Verfahrens in die Höhe trieben.
Häufig bringt insbesondere die Nebenklage elementare Hintergründe zu Tatfolgen bei Betroffenen und Tatmotivationen bei den Täter*innen in Strafprozesse ein. So sind es gerade die Nebenklagevertretungen, die bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt das politische Motiv in der Beweisaufnahme thematisieren. Dies geschieht beispielsweise durch eigene Beweismittelanträge oder Befragungen. Sowohl die individualisierte Nebenklagevertretung als auch die Gewährleistung der Akteneinsicht sind für eine adäquate Berücksichtigung der Belange von Gewaltopfern unerlässlich und sollten keinesfalls beschnitten werden. Die Wahrnehmung all dieser Rechte ohne juristischen Beistand ist vor allem in juristisch komplexen Verfahren nahezu unmöglich.
Aus psychosozialer Perspektive haben die Nebenklagerechte auch einen erheblichen Einfluss auf den Bewältigungsprozess der Gewalterfahrung. In der Rolle als Zeug*innen haben Betroffene eine Anwesenheits- sowie Aussagepflicht im Rahmen von Strafprozessen. Somit wird die Konfrontation mit Täter*innen und dem traumatischen Erlebnis fremdbestimmt und zwanghaft herbeigeführt. Die Nebenklage bietet hier neben der Möglichkeit eines juristischen Beistandes, die Einnahme einer aktiven und anklagenden Rolle im Rahmen des Strafprozesses. Dieser Paradigmenwechsel in der Rolle begünstigt eine Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse.
„Das Resultat einer überlasteten Justiz darf nicht die Beschneidung von Opferrechten sein! Wir fordern daher eine Sicherung dieser grundlegenden Opferrechte, um die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber Betroffenen von Gewaltstraftaten anzuerkennen und deren Position im Strafprozess zu stärken“ so Muckel.
Bei Rückfragen zu dieser Presseerklärung wenden sie sich bitte an Julian Muckel unter 01525 / 6058306 oder an jm@opferberatung-rheinland.de.
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