LEICHTE SPRACHE

Aktuelles

Rechte Angriffe gegen soziales Engagement – Beratungsstelle ZEBRA bietet Unterstützung

Eine Initiative unterstützt in einer Kleinstadt Geflüchtete und solidarisiert sich auch öffentlich wahrnehmbar. Plakate werden mit rechten Symbolen beschmiert, ein Türschloss wird immer wieder beschädigt und die ehrenamtliche Flüchtlingsbeauftragte wird in Chatgruppen angefeindet. Die Flüchtlingsbeauftragte ist durch den Hass, der ihr entgegenschlägt, in einem Maße belastet, dass sie sich gezwungen sieht, ihr Engagement zunächst einzustellen.

Anderer Fall, anderer Ort: In einer sozialen Einrichtung hängt an einem Fenster ein Poster mit der Aufschrift „Kein Ort für Neonazis“. Immer wieder werden an das Fenster Aufkleber geklebt und Parolen geschmiert. Zudem wird das Fenster zerkratzt und es werden Gegenstände dagegen geworfen. Die Mitarbeiter_innen fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz unsicher. Jedes mal, wenn sie zur Arbeit kommen, fragen sie sich: „Was ist diesmal wieder passiert?“.

Rechte Angriffe sind auch in Schleswig-Holstein keine Seltenheit. Im Jahr 2020 konnte die Beratungsstelle für Betroffene von rechten Angriffe – ZEBRA in ihrem Monitoring 79 rechte Gewalttaten feststellen. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich darüber liegen. Dazu kommen alltägliche Angriffe wie Bedrohungen oder kleinere Sachbeschädigungen.

Auch Sozialarbeiter_innen und ehrenamtlich Engagierte werden immer wieder Ziel von rechten Angriffen, da sie sich für Menschen einsetzen, die nicht in ein rechtes Weltbild passen. Seien es Geflüchtete und Migrant_innen, Menschen der LGBTIQ-Community, Menschen mit Behinderungen, Wohnungslose oder nicht-rechte Jugendliche. Durch die Arbeit mit diesen Menschen, werden sie von Rechten als politische Gegner_innen angesehen und angegriffen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Betroffenen sich selbst oder ihre Arbeit als politisch verstehen, denn rechte Angriffe geschehen auf Grund von Zuschreibungen der Täter_innen zu den Betroffenen.

Seit 2015 berät „ZEBRA – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe“ Betroffene, Angehörige und Zeug_innen von rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen in Schleswig-Holstein und wird aus Mitteln des Bundesprogramms Demokratie leben und Landesmitteln finanziert. Rechte Angriffe können sich dabei in physischer Gewalt ausdrücken, wie im Falle von Körperverletzungen, Tötungsdelikte oder entsprechende Versuchen. Hinzu kommen Delikte wie Brandstiftungen, massive gezielte Sachbeschädigungen, Bedrohungen oder Nötigungen. Gerade Bedrohungen können dabei auch im digitalen Raum stattfinden.

Das Ziel von ZEBRA: Die Betroffenen sollen bei der Biographisierung des Erlebten, der Verarbeitung des Angriffs und der Bewältigung der Angriffsfolgen unterstützt werden. Ihre Interessen und Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt der Beratungstätigkeit. Im Rahmen der Beratung werden die persönlichen Verarbeitungs- und Bewältigungsressourcen der Betroffenen genutzt, um bestehende Ängste und Unsicherheiten zu verarbeiten, Selbstklärung zu erfahren und Krisen zu bewältigen Auch bei weiteren Schritten wie Gängen zur Polizei, zu Gerichtsterminen, Ämtern und Behörden kann ZEBRA die Betroffenen begleiten und unterstützen. Hinzu kommt, dass ZEBRA Betroffene bei der Selbstartikulation unterstützt, um dadurch einen Solidarisierungsprozess in der Gesellschaft anzustoßen. Denn bei der Auseinandersetzung mit rechten Angriffen herrscht häufig eine starke Fokussierung auf die Perspektive der Täter_innen, während die Betroffenen vergessen werden.

Betroffene von rechten Angriffen können sich telefonisch oder per Mail an ZEBRA wenden oder die Onlineberatung nutzen. Weitere Infos auf zebraev.de

(https://www.paritaet-sh.org/aktuelles/publikationen.html?file=files/aktuelles/publikationen/sozial/sozial_1-2022.pdf)

Tipps gegen rechte Netz-Attacken

Drei Opfer-Beratungsstellen gegen rechte Gewalt haben ihr Knowhow und den Erfahrungsschatz ihrer Alltagsarbeit gebündelt und einen Reader mit nützlichen Tipps gegen digitale Angriffe von rechts aufgelegt.

Die Broschüre von „Support“ e.V. (RAA Sachsen), „Zebra“ e.V. (Schleswig-Holstein) und „Opferperspektive“ (Brandenburg) umfasst 16 Seiten und trägt den Namen „Rechte Angriffe im Netz“. Darin werden Fallbeispiele zusammengetragen und verschiedene Handlungsempfehlungen aufgezeigt. Wichtig ist den Herausgeber*innen die Botschaft, dass Opfer kein Einzeldasein fristen, sondern dass es sich um ein leider weit verbreitetes Phänomen handelt, dem Betroffene sich nicht schutzlos ergeben müssen, sondern sich wehren können.

Melderegistersperre als „Erste Hilfe“

Und eine reale Gefahr hat nicht selten ihre Vorgeschichte mit Netz-Veröffentlichungen, was bis hin zu sogenannten Feindeslisten geht. Ob Shitstorm, Beleidigung, Bedrohung, Diffamierung – ob antisemitisch, rassistisch, homo- frauen- oder transfeindlich: All das sorgt für ein Klima der Einschüchterung und Angst. Neben den gezielt attackierten Opfern sind nicht selten Familie, Freundeskreis, Kolleginnen und Nachbarinnen ebenso von der psychischen wie physischen Drohkulisse betroffen.

Die Broschüre nennt konkrete Hinweise, wie die eigene Privatsphäre besser geschützt werden kann, verweist aber auch auf juristische Optionen. So kann die Einrichtung einer Melderegistersperre beim Einwohnermeldeamt bereits ein erster Schritt sein. Wichtig ist vor allem die Dokumentation von Vorfällen wie zum Beispiel das Anfertigen von Screenshots, die als Beweissicherung helfen. Und für die Beratungsstellen gilt: Betroffenen wird Begleitung und Hilfestellung zugesagt.

Corona befeuerte Netz-Bedrohungen

Den Herausgeber*innen ist bewusst, dass gerade bei rechten Netz-Angriffen von einem hohen Dunkelfeld auszugehen ist. Judith Porath, Geschäftsführerin von „Opferperspektive“, sagte bei der Vorstellung der Broschüre, dass insbesondere im digitalen Raum rechte Angriffe seit Beginn der Corona-Pandemie noch einmal eine neue Dimension angenommen hätten.

bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/tipps-gegen-rechte-netz-attacken

Die Perspektive der Betroffenen: Ein Interview mit ZEBRA e.V.

Hanau, Halle und Walter Lübcke sind nur einige Beispiele der zahlreichen rechtsextremen Anschläge, die in den letzten Jahren geschehen sind. In Schleswig-Holstein sind im Jahr 2020 79 rechte, rassistische und antisemitische Angriffe von ZEBRA verzeichnet worden. Trotz der Pandemie ist dies ein Anstieg zum Vorjahr. Seit 2015 befinden sich die Zahlen rechter Gewalttaten auf einem konstant hohen Niveau. Immer noch stehen nach solchen Vorfällen die Täter:innen, ihre Biografien und politischen Ansichten in öffentlichen Debatten im Vordergrund. Dagegen legen einige Vereine bewusst den Fokus auf die Perspektive der Betroffenen. 

Dazu zählt auch ZEBRA e.V., das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe. ZEBRA ist eine unabhängige Beratungsstelle, die Betroffene, Angehörige und Zeug:innen von rassistischen, antisemitischen und anderen rechten Gewalttaten in Schleswig-Holstein landesweit unterstützt. Gegründet wurde der Verein 2014 und wird aus Mitteln des Bundesprogramms Demokratie leben und Landesmitteln finanziert. Im Interview sprechen wir mit Helena Hofmann von ZEBRA über ihre Arbeit, rechte Gewalt in Schleswig-Holstein und Möglichkeiten, sich mit Betroffenen zu solidarisieren. 

Wir sprechen hiermit eine Triggerwarnung aus: Im folgenden Artikel werden Gewalt und rechte Straftaten thematisiert. 

DER ALBRECHT: Was genau fällt unter rechte Angriffe? 

Helena Hofmann: Das kann unterschiedlich aussehen. Gemeinsam ist rechten Angriffen, dass in ihnen gesellschaftliche Macht- und Ausgrenzungsverhältnisse zum Ausdruck kommen und sie sich gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen richten. Diese Gruppen können Migrant:innen, People of Color oder Jüd:innen sein. Außerdem sogenannte politische Gegner:innen von Rechten wie linke Gruppen oder Lokalpolitiker:innen, die sich gegen Rechts engagieren und Journalist:innen, die über entsprechende Themen berichten und sich aktiv positionieren. Rechte Gewalt richtet sich aber auch gegen Wohnungslose, Menschen mit Behinderung und Menschen der LGBTI-Community.  
Hierbei ist wichtig, dass die Übergriffe immer aufgrund der Zuschreibungen der Täter:innen geschehen, nicht aufgrund tatsächlicher Merkmale oder einer Selbstzuordnung der betroffenen Menschen zu diesen Gruppen. Rechte Angriffe müssen sich nicht zwingend in physischer Gewalt ausdrücken. Körperverletzungen, Tötungsdelikte oder entsprechende Versuche sind nur ein Bereich. Zusätzlich können es zum Beispiel Brandstiftungen, massive gezielte Sachbeschädigungen, Bedrohungen oder Nötigungen sein. Gerade Bedrohungen finden auch im digitalen Raum statt. 

Wie viele Mitarbeitende hat ZEBRA und aus welchen Bereichen kommen diese? 

Aktuell arbeiten bei ZEBRA fünf Berater:innen für das gesamte Gebiet Schleswig-Holstein. Wir sind ein multiprofessionelles Team aus Sozialarbeiter:innen, Pädagog:innen und Sozialwissenschaftler:innen und bringen alle unterschiedliche Vorerfahrungen und Perspektiven auf die Thematik mit. So können wir uns gut ergänzen. 

Was ist das Ziel von ZEBRA? 

Auf einer individuellen Ebene ist unser Ziel, Betroffene rechter Angriffe in Krisensituationen zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, ihre Handlungsräume zu erweitern. Dazu kommt, dass wir Betroffene bei der Selbstartikulation unterstützen möchten, um dadurch einen Solidarisierungsprozess in der Gesellschaft anzustoßen. Es kommt immer wieder vor, dass Betroffene mit dem, was ihnen passiert ist, an die Öffentlichkeit gehen wollen oder Forderungen haben. Auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene ist es unser Ziel, dass alle Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen erhalten. 

Welche Unterstützung bietet ihr Betroffenen und wie können diese sich an euch wenden? 

Die Unterstützung ist immer abhängig vom Einzelfall. Wir stehen bei unserer Arbeit immer an der Seite der Betroffenen. Ihre Bedürfnisse und Perspektiven stehen für uns bei allem, was wir tun, im Mittelpunkt. Allgemein bieten wir eine psychosoziale Beratung an. Das heißt, wir unterstützen bei der Bewältigung der psychischen und emotionalen Angriffsfolgen. Wir informieren zudem über juristische und finanzielle Möglichkeiten, wie eine Anzeige zu stellen oder über Entschädigungszahlungen. Auch bei der Suche nach Psychotherapeut:innen, Dolmetscher:innen oder Anwält:innen helfen wir weiter. Bei Bedarf begleiten wir Betroffene zu Behörden, wie zur Polizei oder zu Gerichtsverfahren. Unser Angebot ist grundsätzlich kostenlos, sowohl die Beratung als auch die Begleitung sind auf Wunsch auch anonym möglich.  

Am besten sind wir telefonisch oder per Mail an info@zebraev.de erreichbar. Wir bieten außerdem alle vierzehn Tage eine offene Sprechstunde an der CAU an. Aktuell ist diese jeden zweiten und vierten Montag im Monat, jeweils von 14 bis 16 Uhr. Normalerweise sitzen wir im Büro des AStAs und man könnte einfach vorbeikommen. Das ist aktuell durch Corona leider nicht möglich. Im Moment bieten wir daher diese Beratungen digital in Form von Videokonferenzen an.  

Wie hat sich eure Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert? 

Es beeinflusst unsere Arbeit sehr, dass die Gespräche auf digitale Kommunikation umgestellt werden mussten. Wir haben zudem festgestellt, dass insbesondere Geflüchtete, die sich an uns wenden, durch Corona ein besonders hohes zusätzliches Maß an Isolation erleben. Das erschwert die Verarbeitung von Tatfolgen und die Bewältigung der Erlebnisse. Für uns ist es durch die aktuelle Situation außerdem deutlich schwieriger geworden, Begleitung zu Gerichtsverfahren oder Arztterminen anzubieten. 

Wie können sich Zeug:innen rechter Angriffe verhalten, um den Betroffenen zu helfen?   

Das ist sehr situationsabhängig. Es kann hilfreich sein, Aufmerksamkeit zu erregen und gegebenenfalls auch die Polizei zu rufen. Je nach Situation können Zeug:innen eingreifen, aber immer ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen. Was Zeug:innen auf jeden Fall tun können, ist, Betroffene im Nachhinein anzusprechen, sicher zu gehen, dass sie nicht alleine sind und Unterstützung und Solidarität zeigen. Außerdem können sie natürlich über Unterstützungsmöglichkeiten von spezialisierten Beratungsstellen wie uns informieren. Generell hilft es uns, wenn möglichst viele Menschen von ZEBRA wissen, damit Betroffene durch ihr direktes soziales Umfeld über uns informiert werden und wir sie so mit unserem Angebot noch besser erreichen können. 

Kann im Land Schleswig-Holstein noch mehr getan werden, um Betroffene besser zu schützen und zu unterstützen?  

Ein Teil unseres Tätigkeitsfeldes besteht in einem systematischen und unabhängigen Monitoring von rechten Angriffen in Schleswig-Holstein. Das machen wir seit Anfang des Jahres 2017. Im Vergleich zwischen den von uns dokumentierten und den polizeilich erfassten Zahlen wird immer wieder deutlich, dass die Polizei nach wie vor nicht alle rechts motivierten Taten als solche erkennt. Da sehen wir Verbesserungsbedarf. Das könnte zum Beispiel geschehen, indem Fortbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu rechter Gewalt in die Polizeiausbildung integriert würden. Darüber hinaus fordern wir ein Bleiberecht für Betroffene von rassistischen Angriffen. Auch in Schleswig-Holstein werden immer wieder Geflüchtete angegriffen. Im Beratungskontext erleben wir dann, dass die unsichere Bleibeperspektive es sehr schwierig macht, die Tatfolgen und das Erlebte zu verarbeiten. Aus dieser Sicht wäre es dringend erforderlich, ein Bleiberecht umzusetzen. Zusätzlich wäre dies ein klares Zeichen dafür, dass in Schleswig-Holstein rechte Gewalttaten nicht geduldet werden. 

Plant ihr bestimmte Vorträge oder Veranstaltungen für die nähere Zukunft? 

Wir bieten regelmäßig Veranstaltungen an der CAU an, bei denen wir eng mit dem AStA und mit Hochschulgruppen der Uni kooperieren. Dabei decken wir verschiedene Schwerpunkte rund um das Thema rechte Gewalt ab. Auch in diesem und im kommenden Semester wird es wieder Veranstaltungen von uns geben. Diese sind noch in Planung, aber auf unseren Social Media Kanälen, insbesondere über Twitter und Instagram, informieren wir darüber. Dort kann man sich gerne auf dem Laufenden halten. 

Vielen Dank für das Gespräch! 

http://www.der-albrecht.net/die-perspektive-der-betroffenen

Diskussion zu rechter Gewalt

Was ist rechte Gewalt? Gegen wen richtet sie sich? Gibt es rechte Gewalt auch auf dem Campus?

Diese und viele weitere Fragen diskutieren Annika und Corni mit Kai Stoltmann, Berater beim Zentrum für Betroffene rechter Angriffe, Eddi Steinfeldt-Mehrtens, Beauftragte_r für Diversität an der CAU und Keniya Kilicikan von der Hochschulgruppe EmBIPoC.

Außerdem schauen wir auf das aktuelle Monitoring zu rechten Angriffen in Schleswig-Holstein, das das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe am 19. April 2021 veröffentlichte.

www.campusradiokiel.de/diskussion-zu-rechter-gewalt

Monitoring 2021: Kein Rückgang rechter Gewalt in Schleswig-Holstein

Rechte Gewalttaten bleiben im Bundesland auf einem konstant hohen Niveau, stellt das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (ZEBRA) im Monitoring-Bericht für 2021 fest. Die Hemmschwelle rechtsmotivierter Täter:innen sei zudem niedrigschwellig, auch gegenüber Kindern. Und die Zahlen zeigen: rechte Gewalt ist nicht bloß ein „ostdeutsches Phänomen“.

Die Zahlen sind kein Grund zur Freude: Am gestrigen Nachmittag, 28. April 2022, stellte das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (ZEBRA) die Ergebnisse ihres landesweiten Monitorings „Rechter Gewalttaten in Schleswig-Holstein“ für das Jahr 2021 vor. Rechte Gewalttaten bleiben auf einem konstant hohen Niveau, auch die Verteilung der Tatmotive bleibt etwa gleich. 

Insgesamt wurden 77 Tatbestände gezählt, darunter 72 Prozent Körperverletzung, 19 Prozent massive Sachbeschädigung und sechs Prozent Nötigung oder Bedrohung. Insgesamt sind 148 Menschen von rechten Gewalttaten betroffen. Die Tatmotivation wird in dem Monitoring von ZEBRA in Rassismus, Antisemitismus und „Politische Gegner:innen“ aufgeteilt. Rassismus bleibt wie auch in den vergangenen Jahren das größte Tatmotiv mit einer Mehrheit von 61 Prozent der Fälle. Antisemitismus bildete bei vier Prozent und die Einordnung als „Politische Gegner:innen“ bei 35 Prozent der erfassten Fälle das Tatmotiv. 

Die Mehrheit der Betroffenen, 64 Prozent, sind männlich. Weibliche Betroffene machen 29 Prozent aus, die restlichen sieben Prozent bleiben unbekannt. Bei 31 Prozent der betroffenen Personen handelt es sich um Kinder (bis 13 Jahre) oder Jugendliche (bis 18 Jahre). ZEBRA-Projektleiterin Annika Vajen betont bezüglich Angriffen auf Kinder und Jugendliche die niedrige Hemmschwelle von rechten Täter:innen. So ereignete sich beispielsweise im Juli 2021 in Lübeck ein rassistisch motivierter Angriff zweier organisierter Neonazis auf eine Familie. Mehrere Familienmitglieder, darunter auch Kinder, wurden von den Angreifenden durch den Einsatz von Pfefferspray verletzt. 

Im Vergleich zu den Vorjahren bleiben die erfassten Gewalttaten in Schleswig-Holstein nicht nur auf einem konstant hohen Niveau (2020: 79 Taten, 153 Betroffene, 2019: 57 Taten, 113 Betroffene), sondern zeigen sich auf flächendeckend im gesamten Bundesland. Zwar können vereinzelte Schwerpunkte in städtischen Ballungsräumen wie Kiel, Lübeck, Neumünster, Flensburg und im Landkreis Segeberg festgestellt werden, doch es wurde in jedem Landkreis mindestens ein Vorfall registriert. Das vermehrte Vorkommen von rechten Gewalttaten Ballungsgebieten wird vom ZEBRA mit der erhöhten Dichte von Verletzungspartner:innen und passenden Multiplikatoren erklärt. 

In Bezug auf die erhobenen Zahlen vor der Corona-Pandemie stellt das Monitoring von ZEBRA einen Anstieg der Gewalttaten im Wohnumfeld und im Umfeld von Demonstrationen fest. Im ersten und vierten Quartal des Jahres 2021 wurde eine doppelte Menge von Gewalttaten im Kontext von Demonstrationsgeschehen gegenüber vor-pandemischen Zahlen festgestellt. Welche Demonstrationen konkret betroffen waren, kann ZEBRA nicht angeben, dennoch räumte die Sprecherin ein, dass in diesen Zeiträumen vermehrt Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen stattgefunden haben. Diesen pandemiebedingten Anstiegen gegenüber sank die Anzahl rechter Gewalttaten am Arbeitsplatz, in Räumen politischer Organisation und öffentlich zugänglichen Räumen. 

Es handle sich im Vergleich mit ostdeutschen Bundesländern, wo ein ähnliches Monitoring durchgeführt wird, um niedrige Zahlen, dennoch zeigen die Ergebnisse deutlich, dass „rechte Gewalt kein ostdeutsches Phänomen ist, sondern in der gesamten Bundesrepublik verankert ist“, unterstreicht Vajen. Darüber hinaus seien die erfassten Vorfälle lediglich die „Spitze des Eisbergs“, denn man müsse weiterhin von einem großen Dunkelfeld in Schleswig-Holstein ausgehen. 

Das seit 2017 durchgeführte Monitoring von ZEBRA liegt den Kriterien des „Verband der Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt“ (VBRG) zugrunde. Die kontinuierliche Sichtung und Dokumentation der Vorfälle in Schleswig-Holstein findet auf der Basis von Quellen wie Zeitungsberichten, Meldungen in den sozialen Medien, Pressemitteilungen von Ermittlungsbehörden und Hinweisen von Betroffenen oder Communitys statt. Erfasste Meldungen werden von ZEBRA recherchiert, weitere Quellen befragt und die Plausibilität der Einordnung so geprüft. 

Die Statistik von ZEBRA wird zwar mit den Daten des LKAs abgeglichen, doch beim Vergleich der aktuellen Zahlen ergibt sich eine relativ große Differenz. Aus Angaben zu kleinen Anfragen von Landtagsabgeordneten zählt das LKA aktuell lediglich 37 Fälle rechter Gewalttaten. Es sei hierbei zwar erfahrungsgemäß nicht ausgeschlossen, dass diese Zahl noch steigt, doch die Differenz lässt sich dennoch damit zu erklären, dass nicht alle Vorfälle tatsächlich bei der Polizei angezeigt werden. Oftmals bestünden „viele Hemmschwellen für Betroffene“, erklärt Vajen. Vielfältige Gründe, wie beispielsweise schlechte Erfahrungen mit der Polizei oder die Angst vor Rache von Täter:innen verhindern oftmals eine Anzeige. Darüber hinaus stellt ZEBRA die Wahrnehmung der Betroffenen ins Zentrum ihrer Bewertung der Vorfälle: „Die Anerkennung einer politisch rechten Tatmotivation kann für die Betroffenen zentral für die Verarbeitung der Tat sein. Und nur wenn die Gesellschaft die politische Dimension solcher Taten anerkennt, kann sie sich auch mit den Betroffenen solidarisch zeigen“, betont Annika Vajen.

https://www.belltower.news/monitoring-2021-kein-rueckgang-rechter-gewalt-in-schleswig-holstein-130581/

Schleswig-Holstein – Gewalt von rechts trifft auch Kinder

Laut einer neuen Erhebung sei im vergangenen Jahr jedes fünfte Opfer rechter Gewalt in Schleswig-Holstein minderjährig gewesen.

Laut einer neuen Erhebung sei im vergangenen Jahr jedes fünfte Opfer rechter Gewalt in Schleswig-Holstein minderjährig gewesen. Das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (ZEBRA) hat in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr 77 rechte, rassistische und antisemitische Gewalttaten registriert. Davon seien 148 Menschen betroffen gewesen, hieß es in einer Internet-Veröffentlichung des Vereins am Donnerstag. Im Jahr zuvor waren 79 solcher Gewalttaten erfasst worden. 

In die Statistik gehen den Angaben zufolge Körperverletzungen, massive Sachbeschädigungen und andere Gewalttaten mit erheblichen Folgen ein, denen eine politisch rechte, rassistische oder antisemitische Motivation zugrunde liegt. 2021 seien auch 31 Kinder und Jugendliche von rechten Gewalttaten betroffen gewesen. 

„Die Ergebnisse des Monitorings sind erschreckend“, kommentierte Grünen-Landtagsfraktionsvize Lasse Petersdotter. Die Zahl rechter Gewalttaten bleibe auf einem konstant hohen Niveau. „Wir müssen den Kampf gegen Rechtsextremismus noch stärker und entschiedener führen.“ Die jüngsten Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über Unterwanderung von Corona-Protesten durch Rechtsextremisten machten deutlich, „dass Rechtsextremismus nicht nur Springerstiefel und Glatze bedeutet, sondern mitten in unserer Gesellschaft existiert“.

Gewalt von rechts außen bleibe eine reale Gefahr für Demokraten, Migranten und Angehörige von Minderheiten jeder Art, meinte der SPD-Landtagsabgeordnete Tobias von Pein. Die Dunkelziffer bei Gewalttaten sei sehr hoch, Enthemmung nehme zu. „Auch viele Kinder und Jugendliche wurden aufgrund rassistischer Zuschreibungen angegriffen, weil sie die „falsche“ Hautfarbe hatten.“ Zwei Drittel der Übergriffe seien migrantenfeindlich und antisemitisch motiviert.

https://www.abendblatt.de/region/schleswig-holstein/article235200167/Schleswig-Holstein-Gewalt-von-rechts-trifft-auch-Kinder.html

Gewalt von rechts nimmt zu: Das Monitoring der Kieler Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt zeigt Abweichungen zu Polizei-Statistiken

Am Rand einer AfD-Veranstaltung fährt ein Wagen in die Gegendemonstration, vier Personen werden verletzt – einer der Vorfälle des Jahres 2020, die das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (Zebra) als rechts-motivierte Tat zählte. Die Jahresstatistik, die der Zebra-Berater Kai Stoltmann am Montag vorstellte, umfasste 79 rechte, rassistische und antisemitische Gewalttaten. 2019 hatte Zebra 57 Fälle gezählt, durch Nachmeldungen kamen 64 zusammen. Auch für 2020 rechnet Stoltmann mit Nachmeldungen. „Rechte Gewalt ist kein ostdeutsches Phänomen, sondern überall verankert“, sagte der Berater. […]

Vollständiger Artikel unter: taz.de/Archiv-Suche/!5767035

Segeberg und Stormarn sind Hotspots rechter Gewalt

Im vergangenen Jahr wurden zwei Drittel der Opfer körperlich verletzt. Der Betroffenenverein Zebra mahnt: Der rechtsextreme „Aryan Circle“ ist in der Region weiter sehr aktiv.

Im Jahr 2019 galt Segeberg plötzlich als Brennpunkt rassistischer Gewalt. Ein Jahr später ist der Anstieg der Taten zwar nicht so massiv gewesen, dennoch bleibt der Kreis mit rechter und rassistischer Gewalt landesweit im Fokus. Aktuelle Schwerpunkte sind außerdem der Kreis Stormarn sowie die Städte Neumünster und Kiel. Das teilt das Zentrum für Betroffene rechter Angriffe (Zebra) in Kiel mit.

Vollständiger Artikel unter: ln-online.de/Lokales/Segeberg/Segeberg-und-Stormarn-sind-Hotspots-rechter-Gewalt

„Die Angst verfolgt uns bis heute“ – Ausstellung zu rechten Angriffen in Schleswig-Holstein im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus startet am Montag in Flensburg

Gemeinsame Pressemitteilung zusammen mit den Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus vom 19.03. 2021

Flensburg. Ein Geflüchteter wird rassistisch beschimpft und zusammengeschlagen, ein Banner von linken Klimaaktivist*innen angezündet, ein jüdisches Ehepaar mit Bierflaschen beworfen: Die Zahl solcher rassistischen, antisemitischen und rechten Angriffe ist auch in Schleswig-Holstein seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau, doch die Betroffenen finden in der Gesellschaft nur selten Gehör. Die Ausstellung „Die Angst verfolgt uns bis heute“ soll den Betroffenen eine Stimme geben. Sie zeigt, wie unterschiedlich rechte Gewalt in alltäglichen Situationen auftreten kann und welche Folgen sie hat.

Die Ausstellung startet am Montag, den 22. März 2021 und läuft bis Sonntag, den 4. April 2021 und wird außen im Schaufenster des ehemaligen Einrichtungshauses Carstens, Norderstraße 26-32, in Flensburg, gezeigt.

Die Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus des AWO Landesverbandes Schleswig-Holstein haben die Ausstellung gemeinsam mit zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe organisiert und im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus nach Flensburg geholt. „Gesellschaft und Politik müssen wachsam bleiben bei rechter Gewalt und Menschenfeindlichkeit. Das gilt auch für Schleswig-Holstein. Wir müssen denen, die davon betroffen sind eine Stimme geben und das gemeinsame Engagement gegen Hass, Ausgrenzung und Gewalt verstärken“, sagt der Vorstandsvorsitzende der AWO Schleswig-Holstein, Michael Selck.

Der SBV stellt den Organisatoren zwei seiner Gewerbeflächen in der Norderstraße mietfrei zur Verfügung. „Wir unterstützen die Ausstellung gern. Beim SBV sind Menschen aller Nationalitäten herzlich willkommen. Uns als Genossenschaft sind ein friedliches Miteinander und gegenseitige Wertschätzung wichtig, Diskriminierung, Intoleranz oder gar Gewalt haben da überhaupt keinen Platz“, sagt SBV-Vorstandsvorsitzender Jürgen Möller.

Für die Ausstellung hat zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe mit Betroffenen zwischen Flensburg und Pinneberg gesprochen, die ihre Geschichte der Öffentlichkeit erzählen. „Die Zahl rechter Angriffe befindet sich in Schleswig-Holstein trotz Corona auf einem anhaltend hohen Niveau. Unsere Ausstellung soll das Bewusstsein für dieses Problem stärken und gleichzeitig den Betroffenen von rechten Angriffen Gehör verschaffen“, sagt Dr. Kai Stoltmann, Berater bei Zebra.